Prof. Dr. Klaus Buchner (ÖDP) war von 2014 bis 2020 MdEP der ÖDP im EU-Parlament

Die Liste der ÖDP zur Europawahl im Mai 2014 wurde von Prof. Dr. Klaus Buchner angeführt. Er ist Atomphysiker und hat 2009 mit Teilerfolgen gegen den EU- Vertrag von Lissabon geklagt. Er besitzt daher viel EU- Detailwissen und wird so eine wesentliche Bereicherung des Europa-Parlamentes sein. Ein herzliches Danke an alle Wählerinnen und Wähler, die mit ihrer Stimme Dr. Buchner im Mai 2014 in das EU- Parlament gebracht haben, Dr. Buchner gehörte laut externen Bewertungen zu den aktivsten MdEP aus Deutschland.

ÖDP Bergisches Land

Samstag, 16. April 2011

Gastbeitrag: Ursachen von Hochwasser- Katastrophen und deren Vermeidung

Kleine Gewässer - Große Wirkung
Über die wahren Ursachen von Hochwasser-Katastrophen und deren Vermeidung
Ein Gastbeitrag von Dr. Erich Koch, ÖDP, Altshausen


Wasserbau und Kulturmaßnahmen

Die geradezu revolutionären Entwicklungen in der Landwirtschaft ziehen sich durch alle Bereiche der Landnutzung. In ganz besonderem Maße äußerten sie sich im Wasserbau. Die großen Flusskorrekturen des 19ten Jahrhunderts dienten noch vorwiegend oder ausschließlich der Schifffahrt, später auch zur Nutzung der Wasserkraft. Die Flussbegradigung hatte praktisch keinen Einfluss auf Häufigkeit und Stärke der Hochwässer, außer dass die Flut schneller flussabwärts vorankam, dafür aber auch schneller wieder ablief. Erst die massive Eindämmung der Flüsse in ihren früher weitläufigen Auen bewirkte ein starkes Ansteigen der Hochwasser-Höhen, weil sich die Pegel-Durchfluss-Beziehungen zu Ungunsten des natürlichen Abflussgeschehens veränderten. Die einst regelmäßig, aber unvorhersehbar überschwemmten Auen, die nur als Weideland genutzt werden konnten, ließen sich jetzt durch die Damm- und Deichbauten in Ackerland und nutzbares Bauland umwandeln. Ein regelrechter Erschließungsboom setzte ein, weil Bauland in den Flussauen in der Regel attraktiv (weil in Flussnähe), einfach zu nutzen (weil eben) und billig ist. Innerhalb weniger Jahre verwandelten sich dann die ehemaligen Flussauen zu Siedlungs- und Industriegebieten. Diese neue Landnahme entzog den Flüssen ihre Überschwemmungsflächen. Die Seitenausdehnung der Wassermassen war durch den Fluss- und Tal-(Auen)-Verbau massiv beeinträchtigt und ließ die Pegelstände erhöhen. Das verschärfte die Hochwässer in den am Fluss gelegenen Städten ganz erheblich, weil flussaufwärts die Rückhalteräume fehlen. Hier wurden und werden in der Bau- und Landnutzungsplanung regelmäßig Fehler gemacht mit teilweise verheerenden Auswirkungen.
So hat sich die Anzahl der einem möglichen Hochwasser ausgesetzten privaten Gebäuden sowie der gewerblichen und industriellen Anlagen seit Beginn des 20sten Jahrhunderts erheblich vergrößert. Durch die Ansiedlung des Menschen in Gewässernähe und der damit verbundenen Anhäufung von riesigen materiellen Werten sind jetzt enorme Hochwasserschäden die Folge. Verheerende Schäden an Privateigentum, kommunalen Gebäuden, Kulturdenkmälern, Infrastruktur und gewerblich-industriellen Einrichtungen sowie an Kultur- und Naturflächen sind zu beklagen. Durch die Wasserfluten werden Menschenleben bedroht und Arbeitsprozesse behindert. Kurzum, immense Werte werden vernichtet.

Hauptursache für Hochwasser-Katastrophen

Die weitaus größeren Veränderungen erzeugte jedoch der Ausbau der Gewässer dritter Ordnung (kleine Flüsse, Bäche, Gräben) im Rahmen des landwirtschaftlichen Wasserbaus. Ein Großteil der kleinen Flüsse, Bäche und sogar der Rinnsale oder nur zeitweise wasserführenden Gräben wurde mit immensem Aufwand an Geld so ausgebaut, dass das Niederschlags- oder Sickerwasser schnellstmöglich ab- und in die großen Flüsse eingeleitet wurde.
Dadurch laufen die Hochwasserwellen tendenziell erheblich schneller ab und bilden höhere Spitzen.
Ziel der Kulturmaßnahmen war es, auf allen landwirtschaftlichen Produktionsflächen auch möglichst gleichartige Produktionsbedingungen zu schaffen. Standortnachteile sollten behoben werden. Frühere Grenzertragsflächen, deren Bewirtschaftung im Vergleich zum Aufwand kaum Erträge erwarten ließ, konnten durch die Kulturmaßnahmen in die landwirtschaftliche Produktion mit einbezogen werden.
Als eine der Hauptwirkungen dieser landesweiten Entwässerung der Fluren verschwanden weithin die Unterschiede in den Lebensbedingungen der Natur. Besonders groß wurden die Verluste bei den Feuchtgebieten. Moderne, von starken Motoren getriebene Maschinen ermöglichten die Entwässerung von Mooren, Feuchtwiesen und Sümpfen. Die Verlegung von Drainagerohren und das Ausbetonieren von Abzugsgräben gehörte zum Standard des Kulturwasserbaus. Der Ausbau der Gewässer dritter Ordnung verschlang jene Summen an Steuermitteln, die dringend benötigt worden wären, die Hochwasser-Probleme bleibend zu lösen.
Auewälder wurden gerodet. In der Zeit von 1950 - 1975 verloren die mitteleuropäischen Flüsse den größten Teil der noch verbliebenen Auen. Seither gibt es durchschnittlich nur noch etwa 5 Prozent der früheren Auwaldflächen des unregulierten Zustandes. Auwälder, Sümpfe und Moore gehören zu den ganz großen Verlierern in der Umgestaltung der mitteleuropäischen Landschaften.
Ein Großteil der Hochwasser-Schäden, die Ende des 20sten Jahrhunderts und vor allem in den letzten Jahren zustande gekommen sind, beruht auf diesen Maßnahmen. Für wenige Hektar hochwasserfrei angelegter Auen, die landwirtschaftlich genutzt werden können, haben die Anwohner flussabwärts und die Steuerzahler insgesamt unverhältnismäßig hohe Schäden abbekommen. Niederschläge normaler Größenordnungen, die keineswegs über Regenmengen früherer Jahrhunderte hinausgehen, schwellen zu nicht mehr kontrollierbaren Fluten an, weil praktisch alle Rinnsale, Gräben, Bäche und Flüsse das Wasser schnellstens ableiten. Die eingeschnürten Flüsse können diese Fluten natürlich nicht mehr fassen.
Der Autor dieses Berichtes ermittelte die Gewässerstrecken der Fließgewässer dritter Ordnung in Deutschland, um das riesige Potenzial an Gewässerläufen quantitativ abzubilden. Dabei wurden alle Kleingewässer ab einer Breite von einem halben Meter bestimmt und dies bei einer mittleren Wasserführung. Eine Gewässerstrecke von mehr als 680 000 Kilometern der Gewässer dritter Ordnung wurde für Deutschland ermittelt.
Das riesige Potenzial an diesen unzähligen kleineren Fließgewässern mit ihren Regulierungen bewirken in ihrer Summe die eigentlichen Hochwasser-Katastrophen.
Anhand der so genannten „Elbeflut" vom August 2002 soll das verdeutlicht werden.
Der Begriff „Elbeflut" weist in eine völlig falsche Richtung, denn im Elbetal selbst entstand nur ein Bruchteil der Schäden. Die großen Verwüstungen traten an den Zuflüssen der Elbe auf, oft an kleinen Bächen und harmlos dahin plätschernden Rinnsalen, die in kürzester Zeit zu reißenden Strömen wurden. Und hier muss stets das immense Potenzial an Kleingewässern im Bewusstsein bleiben. Denn kleine Gewässer sind quantitativ und qualitativ die „Kinderstube" der großen Bäche und Flüsse. Deshalb können diese immer nur so gut sein, wie es die vielen kleinen Gewässer im Einzugsgebiet zulassen.
So wurde die Stadt Grimma in Sachsen nicht durch die Elbe vier Meter hoch überflutet, sondern durch den Nebenfluss Mulde. Der Ort Weesenstein wurde durch das Flüsschen Müglitz regelrecht zerstört und selbst der Sturzbach durch den Dresdener Hauptbahnhof hatte nichts mit dem Hochwasser der Elbe zu tun, sondern wurde durch die Weißeritz verursacht. Dieser Bach stand mit einem 100-jährlichen Abfluss von 350 m³/s zu Buche, der jetzt ankommende Scheitelabfluss lag bei 600 m³/s. Die Weißeritz, die im Stadtgebiet Dresdens heute teilweise unterirdisch fließt, war diesen Wassermassen nicht mehr gewachsen. Das überschießende Wasser suchte seinen alten Weg - und auf diesem steht mittlerweile Dresdens Hauptbahnhof.
Das Fazit ist: Kleine Gewässer - Große Wirkung!

Und so ist eine der Hauptursachen für die Hochwasser-Katastrophen, dass man die im 19ten Jahrhundert begonnene Regulierung der Flüsse konsequent im 20sten Jahrhundert bis in die Quellbezirke zu Ende führte. Die davon ausgelösten Hochwasser-Katastrophen sind keine Folge einer in Gang gekommenen Klimaerwärmung, sondern hausgemachte Ergebnisse des landwirtschaftlichen Wasserbaus, dessen Verantwortung an den jeweiligen Flurstücken oder spätestens an den Grenzen des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes endet. Auch wenn in der Vergangenheit überregionale Kommissionen für Hochwasserschutzmaßnahmen gebildet wurden, so ist der Gedanke, sich um die Gemeinwesen flussabwärts zu kümmern, immer noch weitgehend fremd.
Und hier muss radikal umgedacht werden. Was der Mensch durch den Wasserbau zerstört und gefährdet hat und durch den Klimawandel verstärkt wird, wird ein Wassermangel in Europa sein. Sauberes Wasser droht zu einem knappen Gut zu werden. Auch das Grundwasser, bisher noch am saubersten, ist gefährdet: In vielen Städten reicht es zur Wasserversorgung nicht mehr aus und muss mit Oberflächenwasser künstlich angereichert werden. Deshalb muss ein neues „hydrologisches Grundgesetz" in die Schul- und Lehrbücher sowie in die Gewässer relevanten Gesetzeswerke eingeführt werden:
Das Wasser zurückzuhalten muss oberste Priorität haben.

Hochwasser-Katastrophen vermeiden

Für eine realistische Lösung der gesamten Hochwasserproblematik im Binnenland gibt es nur einen Weg, nämlich die Wasserrückhaltung in der Landschaft des gesamten Einzugsgebiets eines Gewässers. Denn der Raum, den die Flüsse im unregulierten Zustand früher eingenommen hatten, ist längst anderweitig genutzt und nicht mehr wieder zurückzugewinnen.
Anhand einfacher Grundlagen der Hydrologie können Niederschlag, Wasserabfluss, Verdunstung und Wasserspeicheränderung quantitativ bewertet werden. Hierbei nimmt der Wasserabfluss in der Hydrologie eine Schlüsselstellung ein. Da die Verdunstung insgesamt für ein größeres Gebiet nicht zu erfassen ist, geht die Hydrologie von den Abflussmengen aus, die an den Fluss-Pegeln allgemein seit Beginn des 19ten Jahrhunderts gemessen werden.

Die Bilanzierung von Wasserumsätzen erfolgt auf der Grundlage des Massenerhaltungssatzes. Die hydrologische Bilanzgleichung lautet in ihrer einfachsten statischen Form:

N = A + V + ΔS
Die Größe N bedeutet den auf ein umgrenztes Gebiet (hydrologisches Einzugsgebiet) fallenden Niederschlag, A die Wassermenge, die ober- und unterirdisch abfließt und V sämtliche Arten der Verdunstung (Evapotranspiration), also die Gesamtverdunstung aus Evaporation, Interzeption und Transpiration. Die 4. Größe berücksichtigt die Wasserspeicheränderung ΔS.
Die Wasserspeicherung kann als Eis, Schnee, Oberflächenwasser und unterirdisches Wasser (Boden- und Grundwasser) erfolgen.
Die Bewertung der Wasserumsätze durch Niederschlag, Abfluss, Verdunstung und Speicheränderung erfolgt als Volumen pro Flächen- und Zeiteinheit, z.B. mm/d.
Die Formel der hydrologischen Bilanzgleichung besagt, dass die Summe der Mengen aus Abfluss, Verdunstung und Speicheränderung eines hydrologischen Einzugsgebietes in einem gewählten Zeitabschnitt (z.B. monatlich) die Niederschlagsmengen ergeben. Damit spielt die Wasserbilanz eine wesentliche Rolle für die Ermittlung der Wasserspeicherkapazität von Niederschlägen in einem Einzugsgebiet.
Die hydrologische Bilanzgleichung spiegelt weiterhin in einem gewissen Grad das landschaftliche Milieu des Einzugsgebietes eines Flusses wieder. Denn Art, Intensität und Dauer des Abflusses hängen von der Morphologie des Flussgebietes, der Beschaffenheit des Bodens, des Untergrundes sowie der Vegetation ab.
Ebenso können sich die menschlichen Eingriffe in Gestalt von Flussbegradigungen, Kanalisierungen, Eindeichung, Erhöhung der Abflussgeschwindigkeit von Bächen und Flüssen, Versiegelung der Böden, ansteigender Auenverbau und zunehmende Besiedlungsdichte signifikant, teilweise sogar entscheidend auf die Abfluss-Bilanz eines Flusses auswirken, wie durch die hydrologische Bilanzgleichung innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts beschrieben werden kann:

A = N - V - ΔS

A = Abfluss
N = Niederschlag
V = Verdunstung
ΔS = Wasserspeicheränderung
Alle Terme werden in Volumen pro Flächen- und Zeiteinheit gemessen und beziehen sich auf das hydrologische Einzugsgebiet.


Diskussion der hydrologischen Bilanzgleichung

Fall 1: Es wird eine extrem große Niederschlagsmenge N in einem begrenzten Einzugsgebiet und innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts angenommen. Dann ist die Abflussmenge A primär abhängig von der Niederschlagsmenge N sowie von der Verdunstung V und Änderung der Wasserspeicherung ΔS. In einer Kulturlandschaft mit geringer Wasserspeicheränderung oder einer urbanen Region mit hoher Bodenversiegelung sind die beiden Terme V und ΔS klein. Damit wird die Abflussmenge eines Gewässers im Wesentlichen durch die Niederschlagsmenge N bestimmt. Sintflutartige Regenfälle bedingen dann einen extremen Anstieg des Abflusses.

Ergebnis Fall 1: Eine Flutwelle baut sich auf. Verheerende Hochwasser-
Schäden werden die Folge sein.


Fall 2: Wie im Fall 1, wird von einer extrem großen Niederschlagsmenge ausgegangen. In einer naturbelassenen Landschaft kann die Verdunstung V und die Änderung der Wasserspeicherung ΔS hoch sein. Die Abflussmenge A eines Gewässers wird dann wesentlich durch die beiden Terme Verdunstung V und Speicheränderung ΔS bestimmt. Der Aufbau einer gefährlichen Flutwelle wird generell vermieden. Es kommt zu einem kontinuierlichen Anstieg des Wasserpegels. Ein „normales" Hochwasser als völlig natürliche Erscheinung ist die Folge.

Ergebnis Fall 2: Verheerende Überflutungsschäden wie im Fall 1 werden
ausbleiben.
Das Resultat der hydrologischen Bilanzierung ist, dass vorbeugender Hochwasserschutz grundsätzlich machbar ist. Grundlegendes Wissen ist hierzu vorhanden. Jedoch beschränkte sich der Hochwasserschutz in der Vergangenheit weitgehend auf bautechnische Maßnahmen. Integrierende Präventionsmaßnahmen wurden bislang nicht oder nur wenig realisiert.


Die praktische Umsetzung

Eine sehr große Zahl an Experten, Universitätsinstituten, Behörden, Landesämter, Bundesanstalten und Staatsregierungen, dann Komitees für Katastrophenvorsorge und die Initiativen zur Verbesserung der Hochwasservorsorge sowie zahlreiche andere Einrichtungen beschäftigen sich seit Jahrzehnten intensiv mit der Hochwasserproblematik. Viele der dort erarbeiteten Konzepte mögen richtig und wertvoll sein, doch die Tatsache bleibt, dass in den letzten 20 Jahren die Schäden durch Flutkatastrophen verheerende Ausmaße angenommen haben.

Dieser Sachverhalt wurde vom Autor zum Anlass genommen, ein einfaches, praktikables, ökologisch und ökonomisch sinnvolles Konzept zu entwickeln, welches die durch Hochwasser verursachten immensen Schäden im Binnenland signifikant mindert oder gar gänzlich verhindert.
Die grundlegende sowie naheliegende Idee ist, das Niederschlagswasser nicht schnellstmöglich in großdimensionierten, geraden Gerinnen wegzuschaffen, sondern das Niederschlagswasser muss von Anfang an und unmittelbar im Einzugsgebiet eines Gewässers unter optimaler Nutzung aller natürlichen Speichermöglichkeiten zurückgehalten werden. Natürliche Speicher sind Waldungen, Moore, Seen, Tümpel, Weiher, Senken und Überschwemmungsgebiete.
Dränage- und Wassergräben, welche bislang üblicherweise mit einem Gefälle von 1 bis 2 % zum Vorfluter (= Bach, Fluss) hin verlaufen, erhalten ein „negatives" Gefälle. Sie werden „gekippt" und zur Senke ausgebildet, um die Wasserspeicherkapazität gegenüber einem konventionellen Drainagegraben signifikant zu erhöhen. Die Sohle eines solchen Grabens, hier Grabenspeicher oder Grabenteich genannt (= Graben für Wasserspeicherung), liegt damit grundsätzlich tiefer als die Sohle des Vorfluters. Die Absenkung im Grabenspeicher soll mindestens 0,2 % Gefälle gegenüber der Sohle des Fließgewässers betragen. Damit ist gewährleistet, dass der Grabenspeicher ganzjährig mit Wasser gefüllt ist.
Das Ziel muss sein, jeden bisherigen Drainagegraben oder jedes Rinnsal zu reaktivieren und als Grabenspeicher auszubauen, um möglichst ein Maximum an Rückhaltevolumen, sog. Retentionsräumen, zu erreichen. Ebenso können Mulden, Senken, Tümpel, Rigolen, Sölle, Schlatts, Teiche und Weiher, welche mit dem Vorfluter hydraulisch vernetzt sein müssen, für eine natürliche Speicherung des Niederschlagswassers benutzt werden. Durch die vorstehend beschriebenen Maßnahmen wird ein Retentionsnetz aufgebaut, um die Flutwelle im Bach oder Fluss zu kappen und in die Breite abzuleiten. Dadurch wird der Wasserabfluss räumlich und zeitlich entzerrt.
Der Schutz und die Wiederherstellung ökologisch funktionsfähiger und naturnaher Kleingewässer wird zukünftig nicht nur eine wesentliche Aufgabe der Wasserwirtschaft sein, sondern erfordert ebenso eine intelligente Zusammenarbeit mit den verschiedensten Verbänden und Organisationen.
Die hohe ökologische Bedeutung solcher alternativen Grabenspeicher ist beachtenswert. Durch den ganzjährig hoch anstehenden Wasserspiegel und das Anlegen von Gewässerrandstreifen können neue Lebensräume von höchster Qualität entstehen, auch für Kleinfisch-Habitate (Beispiel: Karausche). Und oftmals sind solche Grabenspeicher die einzigen aquatischen und amphibischen Biotope in einer monotonen Kulturlandschaft.

Weitere Retentionsräume wären Stauseen-Ketten, aber auch Mühlen- und Fischteiche. Es ist vorhersehbar, dass Stauseen-Ketten mit entsprechend großen Flutungsflächen die Natur künftig mitprägen werden. Die besten natürlichen Vorbilder für eine solche Stauseen-Kette sind unter anderem der Bodensee, Genfer See und Chiemsee.

Synergien

Es bedarf keiner langen Erklärungen, dass durch die gezielte Speicherung von Niederschlägen und Hochwasser sich zahlreiche Synergien für Natur und Landschaft (Biodiversität und Biotopbildung), Wasserwirtschaft (Infiltration) , Landwirtschaft (Fruchtbarkeit) und Mensch (Trinkwasser) ergeben. Wesentlich ist dabei auch die soziale Verantwortung hinsichtlich Hochwasserschäden gegenüber den Anwohnern flussabwärts (präventiver Hochwasserschutz). Denn Schadenshochwässer zu vermeiden, gebietet die Menschlichkeit.
Das Lebenselement Wasser steht hier stellvertretend für alle natürlichen Rohstoffe. Wir müssen lernen, mit unseren Lebensgrundlagen vernünftig und haushälterisch umzugehen.

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